Ein Gastbeitrag von Teresa Weichsel, Weleda AG, Schwäbisch Gmünd
Das natürliche Gleichgewicht des Ökosystems Erde wird durch die Aktivitäten des Menschen zunehmend gestört. Die Emission von Treibhausgasen – insbesondere CO2, das vor allem durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe, wie Kohle, Öl und Ergas freigesetzt wird – verstärkt den natürlichen Treibhauseffekt und führt zu weltweiten Klimaveränderungen mit unabsehbaren Folgen, welche die Welt zunehmend in ein Ungleichgewicht bringt.
Wenn wir möchten, dass die Erde weiterhin Bestand hat, müssen wir unsere momentane Lebensweise reflektieren und ändern, um kommenden Generationen eine Welt zu hinterlassen, die sich ökonomisch, ökologisch und sozial im Gleichgewicht befindet. Denn: Diese drei Aspekte sind eng miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegeneinander (sogenannte Drei-Säulen-Konzeption der Nachhaltigkeit oder „three-bottom-line“).
Schlüsselbegriff Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist der neue Schlüsselbegriff - Erstmals verwendet wurde der Begriff in der Forstwirtschaft – der Gedanke ist es, nie mehr Bäume zu fällen, als nachwachsen können. Diese Idee einer überlegten Nutzung von endlichen Ressourcen und natürlichen Rohstoffen hat heutzutage mehr Aktualität denn je. Infolgedessen stehen auch Unternehmen aufgrund des klimatischen und des demographischen Wandels, der zunehmenden Ressourcen- und Trinkwasserknappheit und dem Verlust der biologischen Vielfalt vor neuen Herausforderungen.
Weleda, weltweit größter Hersteller von Arzneimitteln der anthroposophischen Therapierichtung und Naturkosmetika, ist ein exemplarisches Beispiel für ein Unternehmen, das sich seiner sozialen, ökonomischen und ökologischen Verantwortung bewusst ist. Die Unternehmensphilosophie ist geprägt von Achtsamkeit und Respekt gegenüber Mensch und Natur. Weleda bezieht nachhaltiges Handeln auf die gesamte Wertschöpfungskette des Unternehmens und ist daher bestrebt, die Nutzung von Ressourcen kontinuierlich zu verbessern.
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Biodiversität schützen – und schaffen
Extreme Wetterumschwünge haben Trockenheit, Stürme oder Überflutungen zur Folge, die nicht nur Existenzen zerstören und enorme Kosten verursachen, sondern teilsweise auch natürliche Lebensräume und Biotope unwiderruflich vernichten. Arten sterben aus. Die natürlichen Ressourcen werden von Jahr zu Jahr immer knapper – auf dem Weltmarkt explodieren teils die Rohstoffpreise, so dass in einigen Regionen der Welt wie beispielsweise in Zentralafrika ein regelrechter Kampf um Rohstoffe geführt wird. Nahezu 1000 natürliche Rohstoffe bilden seit neun Jahrzehnten die Grundlage für die Weleda Produkte.
Das Unternehmen ist unmittelbar von der biologischen Vielfalt abhängig, da es auf pflanzliche, qualitativ hochwertige Rohstoffe angewiesen ist – diesen Schatz zu bewahren und zu fördern, ist das Ziel der Rohstoffbeschaffung bei Weleda, getreu dem Motto „Gesunde Vielfalt für gesunde Produkte“. Seit Mai 2011 ist das Unternehmen deshalb Mitglied der „Union for Ethical Biotrade“ (UEBT). Die Vereinigung für ethischen Biohandel sieht auch die Förderung und gerechte Verwendung der Biodiversität vor.
Vielfältige Pflanzenwelt und vitale Böden
Der firmeneigene Weleda-Heilpflanzengarten in Schwäbisch Gmünd-Wetzgau wird biologisch-dynamisch bewirtschaftet. Auf 20 Hektar wachsen bei Weleda 260 verschiedene Pflanzenarten, von denen 180 für die Naturkosmetika und die Arzneimittel benötigt werden.
Weleda hat einen Bio-Anteil bei pflanzlichen Rohstoffen von 74 Prozent. Bis zum Jahr 2015 soll der Gewichtsanteil pflanzlicher Rohstoffe aus biologischem und biologisch-dynamischem Anbau auf mindestens 80 Prozent gesteigert werden. Beim biologisch-dynamischen Anbau wird die Natur als ein lebendiger Organismus betrachtet, der einen in sich geschlossenen Kreislauf darstellt. Aussaat und Ernte erfolgen nach den Rhythmen der Natur.
Bei dieser Anbaumethode ist Handarbeit wesentlich bei der Arbeit mit den Pflanzen. Die so gepflegten Böden und Pflanzen weisen eine große Biodiversität und Vitalität auf und sind kaum anfällig für Krankheiten und Schädlinge. Weil sich die natürliche Speicherfähigkeit der Böden im Gleichgewicht befindet, vermögen sie auch besser Trocken- oder starke Regenperioden zu tolerieren.
Neuere Forschungen zeigen zudem, dass nachhaltig genutzten Böden eine Schlüsselfunktion bei der CO2-Neutralisierung zukommt. Biologisch aktiver Humus, der Pflanzenreste, Kompost und viele Kleinlebewesen enthält, verhält sich wie ein ausgleichender Schwamm: Er kann zum Beispiel in trockenen Regionen mehr Regenwasser speichern und gleichzeitig Erosion verhindern. Dies führt zu einer besseren Versorgung der Pflanzen mit Wasser und Nährstoffen - und zu einer messbaren Absorbierung erheblicher Mengen CO2 in den Böden.
Im firmeneigenen Heilpflanzengarten gedeihen selbst unter Naturschutz stehende Pflanzen wie etwa Hirschzungenfarn oder Gelber Enzian. Jedes Jahr werden Forschungsarbeiten durchgeführt, um mindestens eine neue Pflanze aus ihrem Wildstandort in Kultur zu nehmen. Damit werden die Wildbestände der jeweiligen Pflanze geschont und der Bedarf des Unternehmens gesichert. Erfolgreich in eine Kultur überführt wurden bis jetzt beispielsweise Herbstzeitlose, Maiglöckchen, Bärentraube, Augentrost, Tausendgüldenkraut und Meisterwurz.
Herausforderung an Unternehmen - Klimaneutral wirtschaften
Unternehmen haben häufig einen hohen Energieverbrauch. Aus diesem Grund hat Weleda die Installation neuer Fotovoltaikanlagen am Weleda-Standort Schwäbisch Gmünd veranlasst, die im Juli 2011 abgeschlossenen wurde. Auf einer Fläche von rund 800 m2 erbringen die Anlagen insgesamt eine Spitzenleistung von über 100 Kilowatt und einen jährlichen Ertrag von rund 100.000 Kilowattstunden. Der produzierte Strom wird überwiegend von Weleda selbst verbraucht. Derzeit ist über ein Viertel der infrage kommenden Dachflächen am Standort Schwäbisch Gmünd bestückt.
Im Jahr 2010 hat Weleda eine gruppenweite Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet, welche die konkreten Ziele und Maßnahmen des Unternehmens im Bereich Nachhaltigkeit für die kommenden fünf Jahre definiert. Die Installation der Fotovoltaikanlagen ist ein Baustein der Nachhaltigkeitsstrategie, in der das Ziel der völligen Klimaneutralität bis 2015 festgeschrieben wurde.
Erreicht werden soll dies über die Reduzierung des Energieverbrauchs, die Umstellung auf erneuerbare Energien und die Kompensation von Treibhausgasemissionen. Insgesamt reduzierte sich der Ausstoß an klimaschädlichen Gasen bei Weleda Deutschland seit 2007 um rund 67 Prozent.
Ab 2012 wird das Unternehmen zehn Prozent seines Gasverbrauchs durch Biogas abdecken und weitere Dachflächen mit Fotovoltaikanlagen bestücken, um die Nutzung von erneuerbaren Energien weiter auszubauen.
Fairer Umgang mit Kunden, Partnern und Mitarbeitenden
Als Mitglied der „Union for Ethical Biotrade“ ist Weleda die gerechte Verteilung der Erträge im Sinne des fairen Handels zwischen Verwendern und Ursprungsländern Weleda ein wichtiges Anliegen. Transparenz und kontinuierliche Kommunikation bilden die Basis verbindlicher und fairer Zusammenarbeit mit Kunden, Partnern und Lieferanten. Die Etablierung langfristiger Anbauprojekte, die auf einer fairen Entlohnung, der Förderung von Frauen und der Balance von Familie und Beruf beruhen, sind Ziel und Grundlage der weltweiten Geschäftsbeziehungen von Weleda. Der feine Duft der Damaszener Rose verleiht den Produkten der Weleda Wildrosenserie ihre einzigartige Note.
Pionierprojekt in der Türkei
Auf der Hochebene der türkischen Provinz Isparta hat der Naturkosmetikhersteller seit 2001 ein Pionierprojekt ins Leben gerufen, bei dem anfangs 30 Bauern ihre Betriebe auf nachhaltigen Bio-Rosenanbau umgestellt haben.
Was als Initiative zur Förderung der nachhaltigen ländlichen Entwicklung begann, entwickelte sich im Verlauf der Jahre zu einer Partnerschaft mit Signalwirkung in der Region. Inzwischen setzen über 300 Bauern auf Bio-Rosenanbau, die Erntemenge ist auf 600 Tonnen Bio-Blüten jährlich gestiegen.
Zusammen mit dem Destillateur „Sebat“ ist es gelungen, das weltweit grösste Bio-Rosenprojekt zu realisieren: Ein Drittel der Welternte des begehrten Duftstoffs „Rose Absolue“ wird hier für Weleda ökologisch erzeugt. Die Bio-Anbaufläche wächst, die Felder und Pflanzen sind gesund, die Rosenbauern erhalten faire Preise und eine Abnahmegarantie für ihre hochwertigen Erzeugnisse. Weleda kann sich auf sie verlassen und hat eine sichere Versorgung mit Rosenöl und «Rose absolue».
Seit 2008 engagiert sich Weleda zudem aktiv für den Aufbau eines Dorfkindergartens. Das Unternehmen sieht kulturelle Vielfalt als inspirierende Kraft, zumal Weleda selbst in zahlreichen Ländern und Märkten weltweit vertreten ist. Die dadurch entstandene kulturelle Vielfalt wird unternehmensweit als inspirierend erlebt. Die Mitarbeitenden haben Einblick in die Betriebsabläufe und -strukturen und übernehmen Verantwortung für ihre Aufgaben, da der Umgang zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden partnerschaftlich ist. Das Engagement aller Mitarbeitenden bildet die Innovationsquelle für die Unternehmensentwicklung.
Nachhaltiger Konsum für eine bessere Zukunft
In der Vergangenheit wurden von der Politik verschiedene Ziele und Indikatoren für eine nachhaltige Entwicklung definiert, aus denen sich neue Anforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft ergeben. Als Reaktion darauf stecken sich viele Unternehmen im Rahmen ihrer Unternehmensstrategie Ziele im Bereich Corporate Social Responsibility (CSR) und legen CSR-, Umwelt- oder Nachhaltigkeitsberichte vor, um ihr Handeln nachvollziehbar zu dokumentieren.
Weleda ist seinen Anspruchsgruppen gegenüber um ein Höchstmaß an Transparenz bestrebt; seit 1997 ist der Standort Deutschland nach ISO 14001 zertifiziert und im Jahr 2000 veröffentlichte das Unternehmen als eines der ersten in Deutschland einen Nachhaltigkeitsbericht.
Als „vorbildhaftestes Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit“ zeichnete die Utopia Stiftung 2009 Weleda gleich doppelt aus: mit dem Preis der Expertenjury und dem Publikumspreis. Die Auszeichnungen bestärken das Unternehmen darin, seine Bemühungen im Bereich Nachhaltigkeit weiter auszubauen und fortzuführen.
Jeder Einzelne ist gefragt
Dass diese Bemühungen wirtschaftlicher Unternehmen für eine nachhaltigere und damit bessere Welt noch ausbaufähig sind, steht fest. Wichtig jedoch ist, dass jeder Einzelne von uns seinen Beitrag leisten kann, indem wir uns beispielsweise kritisch mit unserem Energieverbrauch auseinandersetzen und im besten Fall auf zertifizierten Grünstrom oder erneuerbare Energien generell umstellen.
Ein Modell zur Berechnung des eigenen Verbrauchs ist zum Beispiel der Ökologische Fußabdruck, der alle Ressourcen, die wir durch unseren Lebensstil in Anspruch nehmen, berücksichtigt. Neben Ressourcennutzung und –verbrauch spielt der eigene Konsum die vielleicht größte Rolle. Wir als Endverbraucher zeichnen ebenso verantwortlich für eine nachhaltigere Welt.
Wir entscheiden jeden Tag an der Ladentheke durch den Kauf bestimmter Produkte mit, wie sich die Welt entwickelt und in der Zukunft aussehen wird. Indem wir Erzeuger und Hersteller bevorzugen, die sozialverträgliche und umweltschonende Standards berücksichtigen, mehr regionale Erzeugnisse und Waren aus Bio-Qualität sowie aus fairem Handel kaufen, Herstellungsprozesse und –verfahren hinterfragen und ein Augenmerk auf unseren Energieverbrauch haben, tragen wir bereits ein gutes Stück zu einer Welt bei, die auch für kommende Generationen lebenswert ist.
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