Über Gehirnforschung und Gehirntraining

Nach dem heutigen Wissensstand der Forschung erreicht das menschliche Gehirn mit 16 bis 25 Jahren seine höchste Auffassungsgabe und Leistungsfähigkeit.
Jenseits dieses Altersspektrums nehmen die kognitiven Fähigkeiten kontinuierlich ab. Bestimmte Gehirntrainingsprogramme sollen gegen diesen geistigen Abbau helfen und die kognitive Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter bewahren bzw. sogar steigern.
Zumindest lauten so die einschlägigen Werbeversprechen der zahlreichen Anbieter solcher Trainingsprogramme. Gehirntraining oder das Streben danach, diese Gehirnfunktionen merkbar zu verbessern, ist mittlerweile zu einer Multimillionen-Industrie geworden.
Doch ob das Ordnen von Zahlenreihen, das Sortieren von Symbolen oder ähnlich gelagerte computerorientierte Spiele wirklich etwas bringen, ist in der Wissenschaft höchst umstritten.
Denn den meisten Gehirntrainingsprogrammen fehlt es an der nötigen fundierten wissenschaftlichen Grundlage, so jedenfalls äußern sich ihre Kritiker.

Mittlerweile existieren zahlreiche Studien, die mit Probanden unterschiedlichen Alters durchgeführt wurden, in denen unter anderem die logische Denkfähigkeit, das Gedächtnis, das räumliche Sehvermögen und die Konzentrationsfähigkeit umfangreich getestet wurden.
Dabei ist deutlich geworden, dass sich die erzielten Erfolge in einigen mentalen Bereichen, sich nicht zwangsläufig auch auf andere auswirkten. Zwar konnten die Testpersonen ihre Leistungen bei speziellen Spielen wesentlich verbessern, aber bei all jenen Aufgaben, die nicht hinreichend trainiert wurden, gelang dies nicht.
Ein Programm, welches beispielsweise die Merkfähigkeit von Wörtern trainiert, hilft nicht zwangsläufig dabei, sich daran zu erinnern wo die Autoschlüssel hingelegt wurden.

Routine ist kontraproduktiv für das Gedächtnis

Von Natur aus ist das menschliche Gehirn äußerst bequem. Nur die regelmäßige Nutzung verschiedener Areale hält es quasi auf Trab. So sollten aus der Sicht von führenden Neuropsychologen, mit zunehmenden Alter Aufmerksamkeit und Konzentration trainiert werden.
Viele typischerweise als Gedächtnistraining genannten Aufgaben erweisen sich als eher nutzlos, so etwa das Lösen von Kreuzworträtseln. Obwohl einige ältere Menschen durchaus in der Lage sind, diese in atemberaubender Zeit ausfüllen zu können, nutzen sie dabei nicht alle Kontrollfunktionen des Gehirns.
Vieles läuft hingegen nahezu automatisiert ab. Nur wenn das Stammhirn mit an einer Übung beteiligt ist, ist auch ein gewisser Trainingseffekt spürbar. Dies macht sich durch eine erkennbare Ermüdung bemerkbar.
Um sein Gehirn hinreichend zu trainieren, sollte der Betroffene sich nicht scheuen, es jeden Tag mit anderen Aufgaben zu konfrontieren.
Dadurch werden komplett neue Bereiche im Gehirn angeregt, die Hirnzellen werden aktiviert und die Verbindungen zwischen den Nervenzellen, den sogenannten Synapsen, werden deutlich leistungsfähiger.

Allerdings sollte das neu zu Erlernende auch einen sinnvollen Zweck besitzen, damit es dem Gedächtnis auch nützt, also quasi einen gewissen Mehrwert beinhalten.
Denn das menschliche Gehirn ist besonders dann aktiv, wenn es mehrere Aufgaben gleichzeitig bewältigen oder eine bestimmte Aktivität erledigen muss, welche für das "Überleben" des Betroffen entscheidend ist.
Dies kann beispielsweise das Erlernen einer Sprache sein, die beim nächsten Urlaub in fremder Umgebung angewandt werden muss. Aber ebenso gut lässt sich der Geist in Kombination mit Bewegung, bei einer gleichzeitig geführten Unterhaltung, entsprechend trainieren.
Das Laufen aktiviert das Hirn schon bis zu einem gewissen Level. Wird dies noch mit einer weiteren Gedächtnisleistung kombiniert, wie etwa bei einer Unterhaltung, werden weitere Hirnregionen zusätzlich angeregt.

Spaß beim Lernen fördert die Gedächtnisleistung

Das Training sollte das Gehirn weder über- noch unterfordern. In beiden Fällen bleibt ein tatsächlicher Trainingserfolg nachweislich verwehrt.
Ein wesentlicher und nicht zu unterschätzender Aspekt beim Gehirntraining ist der sogenannte Spaßfaktor.
Dadurch wird die Dopaminproduktion im Hirn angeregt, welche für die Weiterleitung der elektrochemischen Impulse in den Nervenzellen verantwortlich ist. Denn das Gedächtnis arbeitet wesentlich emotionaler, als es allgemein hin angenommen wird. Um in Schwung zu bleiben, ist das Gehirn daher auf ein gewisses Maß an Gefühlsreize angewiesen.
Nur wenn das Auswendiggelernte entsprechend positiv besetzt ist, bleibt es auch länger im Gedächtnis haften.
Aber auch der Trick, mit gewissen bildlichen Eselsbrücken zu arbeiten, um sich bestimmte Aspekte besser merken zu können, erhöht die Gedächtnisleistung um ein mehrfaches.